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Christ
Christentum
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Christ: (von gr. χριστιανός, etwa: »Gesalbten-Anhänger, Messianer«, von χρζειν »salben«): Anhänger des Christentums. – Die Bezeichnung stammt von außen und wurde erst in der 2. Hälfte des 2. Jhds. als Selbstbez. übernommen (der hl. Tertullian beschreibt den Vorgang); zuvor nannten sich die Anhänger der neuen Religion vorzugsweise »Galiläer« oder »Nazarener« (nach dem mutmaßlichen Geburtsort ihres legendären Gründers). Sie entwickelten sich spätestens im 3. Jhd. zur bedeutendsten Mysterienreligion des röm. Reiches (mit Ablegern im Sassanidenreich), wo sie bald wegen ihrer Eidverweigerung (nicht wegen ihrer religiösen Ansichten) wechselnden Repressalien ausgesetzt waren. Die Historizität der von Tacitus bezeugten neronischen Christenverfolgung ist umstritten (sie könnte mit einer Verfolgung der in Rom lebenden jüdischen Anhänger »Judas des Galiläers«, eines gekreuzigten jüdisch-palästinensischen Messiasprätendenten, verwechselt worden sein, die leicht in Terrorismusverdacht zu bringen waren). Sicher sind ernste Repressalien unter Trajan bezeugt, die dann von verschiedenen späteren Kaisern, darunter Hadrian und Marc Aurel, wiederaufgenommen, von den als weniger befähigt geltenden Kaisern aber wieder aufgegeben wurden. Eine eigentliche Christenverfolgung, d.h. zentralisierte Verfolgungsmaßnahmen mit dem Ziel der Vernichtung der Organisation, wird jedoch erst unter Diokletian, d.h. kurz vor der Privilegierung der ~en, durchgeführt. Folge dieser diokletianischen Verfolgung war die Vereinheitlichung der ~lichen Organisation, da ihr hauptsächlich die wesentlich martyriumsbereiteren Anhänger von Minderheitsfraktionen zum Opfer fielen, welche dadurch dezimiert oder ausgelöscht wurden. Diese Verfolgung wurde in den vier verschiedenen Reichsteilen mit unterschiedlicher Intensität durchgeführt; bald danach fanden die ~en durch die Unterstützung des Putschisten Konstantin (313), welcher in ihrer Organisation seine entscheidende propagandistische Basis suchte und fand, den Zugang zur Staatsmacht, zunächst nur als abhängige Verbündete. Recht schnell nutzten sie dieses Bündnis zur Vernichtung sowohl aller konkurrierenden Religionen (mit den allerdings durch viele Repressalien eingeschränkten Ausnahmen der Juden und Samariter) sowie unterlegener Fraktionen in ihren inneren Auseinandersetzungen. Mit der Völkerwanderung bemächtigten sie sich weitgehend der Administration der Barbarenreiche (Germanen, später Ungarn und Slawen), wo sie zur zügigen Feudalisierung (der Verwandlung freier Bauern in Leibeigene) sowohl organisatorisch wie ideologisch (Demut) unersetzlich waren und konkurrierende einheimische Religionen rasch, gewaltsam und vollständig vernichteten bzw. vernichten ließen (cf. das Capitulare Karls des Großen, welches die obligatorische Tötung jedes Taufverweigerers, Propagandastörers oder anders als im kirchlich gebilligten Rahmen religiös Praktizierenden anordnet).
     Mit dem römischen Bischof Gregor dem Großen, welcher von der Westkirche durchaus treffend unter ihre »vier großen Kirchenväter« gerechnet wird, zeichnet sich erstmals ein auch militärisches Aufbegehren der ~lichen Organisation gegen die schwindende kaiserliche Macht und das erfolgreiche Streben nach territorialer Souveränität für die eigene Organisationsspitze ab. Diese unterstützt in einem passenden Moment (800) die Proklamation eines Gegenkaisers (Karls d. Gr.), welcher bzw. dessen Nachfolger daraufhin die Hauptstütze der Westkirche werden, indem sie ihr administrative Befugnisse einräumen, welche die ~liche Organisation im Ostreich nie erlangen kann. Im Gegenzug verhindert die Westkirche jede Konsolidierung der (gegen-)kaiserlichen Macht, wobei sie diejenige ihrer eigenen geschickt vorantreibt, insbesondere durch die Ausdehnung des Eheverbots (»Zölibat«) auf die niedere Geistlichkeit und zahlreiche Zentralisierungsmaßnahmen (cluniazensische Reform). Auch die Einführung des rein westkirchlichen Wandlungsdogmas (»Transsubstantiation«), welches den Zentralritus der ~en im Bereich westlich der byzantinischen Einflußzone einschneidend verändert, ist in diesem Zusammenhang zu verstehen, da es die kirchliche Position stärkt und ihre Vertreter zu einer Art metaphysisch unersetzlichen Magiern macht. Schließlich fühlt sich die Westkirche stark genug, um sich organisatorisch von der Gesamtkirche abzuspalten (1054); sie nimmt daraufhin den Namen »katholische Kirche« (d.h. etwa »universelle Kirche« oder »Generalkirche«) an (bzw. behauptet dessen exklusive Geltung für sich), während dem die ältere Tradition fortsetzenden Rest der Name »Orthodoxie« (»Rechtgläubigkeit«) verbleibt (wegen der dezentralen älteren ~lichen Organisationsform gibt es mehrere »orthodoxe Kirchen«, deren Lehre und Ritual jedoch identisch ist). (Kleinere frühere organisatorisch-dogmatische Spaltungen der ~en werden hier nicht berücksichtigt; Arianer, Monophysiten, Nestorianer.)
     Mit dem Erstarken des Bürgertums in Westeuropa wird das dogmatisch-organisatorische Monopol der »katholischen Kirche« mehrfach in Frage gestellt. Nachdem es dieser mehrere Jahrhunderte lang glückte, diese Versuche regelmäßig in Blut zu ersticken, gelingt es im 16. Jhd. insbesondere unter der Führung Luthers einerseits, Calvins andererseits, große Teile der West~en dem katholischen Organisationsmonopol zu entziehen; die bei dieser Gelegenheit abgespalteten ~en heißen (unter Einschluß der ähnlich zustandegekommenen Anglikaner) Protestanten (Reformation). Ihre Kirchen, besonders die lutherischen Landeskirchen, treten dadurch faktisch in ein analoges Verhältnis zu den jeweiligen Landesherren wie die orthodoxen zu den ihrigen, wodurch sie billiger als die katholische werden; ein erheblicher Wirtschaftsaufschwung der protestantischen Gebiete ist die auffälligste Folge. Da sich die protestantischen ~en in Ritus und Lehre (Dogma) aber schon weit von den orthodoxen fortentwickelt haben – der orthodoxe Konservatismus ist der politisch-wirtschaftlichen Stagnation oder wenigstens Rückständigkeit seiner Trägerländer geschuldet, die protestantische Dynamik der entgegengesetzten Voraussetzung – kommt es trotz einzelner schwacher Versuche nie zu einer organisatorisch-dogmatischen Vereinigung der protestantischen (oder zumindest der lutherischen) ~en mit den orthodoxen.
     Der wirtschaftliche Aufschwung Europas während der Reformationszeit (der weniger stark, aber zunächst durchaus wirksam, auch in den nicht reformierten Gebieten zu beobachten war) führt zur militärischen Expansion Europas (Kolonialismus) und dadurch zum rapiden Anstieg der Zahl der ~en, getrennt allerdings in katholische und – ihrerseits in viele Fraktionen zerfallende – protestantische; die Orthodoxie und noch ältere Fraktionen dagegen stagnieren von nun an entweder völlig oder weitgehend. Mit der bald danach entstehenden Aufklärung erwächst zwar allen Religionen und aufgrund ihres Entstehungsortes vor allem dem ~entum eine latente innere Bedrohung; trotzdem nimmt die Zahl der ~en lange Zeit nicht ab, sondern steigt, auch unabhängig vom globalen Bevölkerungszuwachs, durch den Kolonialismus sogar drastisch an. Erst mit der Russischen Revolution von 1917 sind kleinere Rückgänge zu verzeichnen (die aber nur die älteste der großen Fraktionen betreffen), während seit etwa zwei Jahrzehnten ein geringer, aber stetiger Rückgang zugunsten einer über die Religion überhaupt hinausgelangenden Selbstpositionierung, also tendenziell aufgeklärter Konfessionslosigkeit, auch in Mitteleuropa festzustellen ist; er wird jedoch durch rein vermehrungs-, zum geringeren Teil auch missionsbedingte Zuwächse andernorts mehr als ausgeglichen. Die ~en bilden die größte Religion der Welt; etwa ein Drittel ihrer Bewohner dürften gegenwärtig ~en sein. Dazu kommt, daß sie mit der Kirchenorganisation (Kirche), die sie nur noch mit wenigen buddhistischen Konfessionen gemeinsam haben, über die sicherlich effizienteste Organisationsform aller Religionen verfügen, welcher insbesondere die Aufklärung nichts Vergleichbares entgegenzusetzen hat.


 
 
 

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