Rasse: (von arab. ras »Kopf« i.S. von »[gemeinsamer] Ursprung«; analog zu caput Nili oder »Kopf des Bandwurms«): Population einer Art, die mindestens ein exprimiertes Gen aufweist oder nicht aufweist, das in dieser Kombination mit dem restlichen Genpool der Art bei allen anderen Populationen derselben fehlt.

     ~n sind unter natürlichen Bedingungen mit Unterarten (Art) identisch; sie können aber auch durch künstliche Auslese erzielt werden. Bei Pflanzen heißen sie dann Sorten. Ökologische ~n, z.B. klimatisch bedingte Wuchsformen, sind ein unsinniger Begriff, der gemieden werden sollte; denn ihnen fehlt die Essenz der ~, die Erblichkeit. (Die korrekte Bezeichnung lautet »Form«, lat. forma [abgek. »f«], nicht »Variation« [abgek. »var.«], da auch diese erblich bedingt ist; im Gegensatz zur Rasse bzw. Unterart [ssp.] bilden Variationen aber niemals Populationen, sondern zeigen nur die Vielfalt der im Genpool einer Art enthaltenen Allele an. Albinismus oder Rothaarigkeit wären solche Variationen bei unserer Art, die sich in bestimmten Populationen häufen können, aber nicht müssen).
     Natürliche ~n können sich zwar durch paarungsrelevante ökologische Isolation bilden (nicht mit »ökologischen ~n« zu verwechseln), z.B. verschiedene Schlupfzeiten, Futterpflanzen (auf denen die Paarung stattfindet) oder bevorzugte Wassertiefen, Temperaturen oder Salzgehalte der Laichplätze, aber die geographische Isolation scheint die häufigere Ursache zu sein; die ~n oder Unterarten unserer eigenen Art sind auf diesem Wege entstanden, nach neuerer Einschätzung vor nicht viel mehr als 100 000 Jahren (nur die Abtrennung sämtlicher sonstigen ~n von derjenigen der »Buschmänner«, der Schwestergruppe sämtlicher anderen Menschen, muß etwas früher erfolgt sein). Der Streit über die Anzahl der ~n unserer Art hat zwar durch ideologische Überlagerung vielfach etwas Aufgeregtes bekommen, ist aber auch sachlich verwickelt, da bald nach dem Einsetzen genetischer Folgen geographischer Isolation Kulturfortschritte auf einer oder beiden Seiten die Mobilität erhöhten und dadurch die entstandenen ~nunterschiede wieder verwischten, da noch keine Artbildung, also keine Paarungsbarriere eingesetzt hatte. Trotzdem lassen sich mindestens fünf ursprüngliche Menschenrassen unterscheiden, die z.T. örtlich dabei waren, sich noch weiter zu untergliedern:

 

  1. die sog. »Buschmänner«, von ihrer andersrassigen Umgebung verächtlich »San« oder »Khoi-San« (=»Asoziale«) genannt, weswegen für sie, die der Selbstbezeichnung ermangeln, ein neutraler Name geschaffen werden sollte; sie bilden die ursprünglichste, d.h. am wenigsten veränderte Menschen~;
  2. die Schwarzen Afrikas;
  3. die Weißen Europas und der angrenzenden Gebiete, welche vor historisch sehr kurzer Zeit auch weitere Weltteile mit erdrückender Mehrheit besiedelten;
  4. die Ostasiaten im weitesten Sinne, unter Einschluß der autochtonen (»roten«) Amerikaner (Indianer);
  5. die anscheinend sehr früh von Rasse 3) abgespaltenen Uraustralier/Melanesier, mit denen einige südasiatische Inselvölkerschaften verwandt zu sein scheinen.

Zwischen diesen ~n gibt es häufig Misch- und Übergangszonen. Eher unabhängig davon zeigen einige Gene innerhalb der jeweiligen ~n klinale Verteilung, d.h. sie werden entlang bestimmter Himmelsrichtungen stetig seltener oder häufiger, ein Phänomen, das auch bei vielen Tier- und Pflanzenarten zu beobachten ist.
     Aufgrund ihrer Auffälligkeit wurde der Hautfarbe der Menschen~n große Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei ist zu beachten, daß sie mindestens zweimal konvergent entstanden ist, also keine Verwandtschaft anzeigt: die Aufhellung der Hautfarbe jeweils bei Weißen und Ostasiaten, ihre Nachdunkelung bei Südindern, Malaien und Uraustraliern. Deren dunklere oder dunkle Hautfarbe stellt also kein ursprüngliches Merkmal dar.
     Aufgrund des ursprünglich durch den Kolonialismus entstandenen Rassismus war und blieb die Erforschung der Menschen~n im Gegensatz zu derjenigen der Tiere und Pflanzen ideologisch schwer belastet, und zwar sowohl während dessen politischer Förderung wie auch nach dessen politischer Verdammung. Zu viele und starke Interessen und Drohungen behinderten und behindern wohl immer noch die Wissenschaftlichkeit bei der Behandlung aller diesbezüglichen Fragen. Immerhin scheint sich die Feststellung immer mehr sichern zu lassen, daß die unterschiedliche Kulturhöhe der noch vor kurzem deutlich getrennten Menschenpopulationen historische und nicht genetische Ursachen hatte, also im Gegensatz zu den Fehlschlüssen des Rassismus nicht von der ~ ihrer Träger bedingt oder auch nur beeinflußt war.

Empfohlene Literatur: Cavalli-Sforza: Verschieden und doch gleich, Droemer Knaur 1994, ISBN 3426268043. (Der unlogische Titel ist von Angst diktiert; das Buch ist jedoch wissenschaftlich makellos).


 
Ahrimans VolksEnzyklopädie
© By courtesy of Ahriman