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Identifikation: (von lat. idem »das gleiche« und facere »machen«):
     1)  Gleichsetzung einer Sache oder Person mit einer anderen;

     2) Ermittlung der Gleichheit einer vorliegenden Person oder Sache mit einer anderweitig schon bekannten (z.B. durch Fingerabdrücke, Paßfotos, bestimmte Gebrauchsspuren; besonders in der Kriminalistik gebräuchlich, überhaupt im Zusammenhang mit Verfolgungen aller Art);

     3) (psychoanlyt.): Die unbewußte Phantasie, eine andere Person zu sein, welche gegenüber der eigenen durch ihre Position erhebliche Vorteile aufweist, an deren Erlangung man selbst verzweifelt ist. – Die wichtigsten dieser Vorteile sind: die andere Person ist der Aggressor, ich selber das tatsächliche oder potentielle Opfer (~ mit dem Aggressor). (So versuchen laut Bettelheims Augenzeugenbericht nicht wenige KZ-Häftlinge, sich durch Uniformteilen gleichende Kleidungsfetzen u.ä. trotz erheblicher Selbstgefährdung ihren Peinigern wenigstens tendenziell anzuähneln). Oder die Person verfügt über ein von mir begehrtes Objekt, das mir anzueignen ich nicht hoffen kann (diese ~ tritt hauptsächlich im Rahmen des Ödipuskomplexes auf und heißt darum ödipale ~). Oder die ~ erfolgt mit dem Objekt selber, da dieses nicht nur immer über dieses verfügt, weil es es selbst ist, sondern auch nicht von dessen Willen (»Launen«) abhängen kann (~ mit dem Objekt).
     Wichtig ist bei der Beschäftigung mit der ~ die stete Beachtung der Tatsache, daß die ~ ein unbewußter Vorgang ist. Sagt jemand z.B., er wolle werden wie sein Vater, so muß der Grund dafür keineswegs eine Vater~ sein, sondern kann auch in der Beobachtung wirklicher Vorzüge oder Fertigkeiten des Vaters liegen; selbstverständlich kann dieser Grund aber auch die Rationalisierung einer tatsächlich vorliegenden Vater~ sein, was ohne Zusatzinformationen nicht zu entscheiden ist. Das gleiche gilt für den Fall, daß jemand erklärt, er mache irgendetwas wie sein Vater; denn er kann es ja einfach von ihm gelernt haben. Lernen ist ein bewußter (oder vorbewußter), ~ ein unbewußter Vorgang, der bei ersterem meistens m.o.w. stört; ebenso kann die bewußte Nacheiferung eines Vorbilds ein rational begründeter Vorgang sein, an dem keinerlei ~ beteiligt sein muß. Selbst wenn jemand sagt, was ja in der Sache nur unbewußt möglich ist: »Ich identifiziere mich mit diesem und jenem« so braucht ~ im Sinne der Psychoanalyse keineswegs im Spiel zu sein; es könnte neben vielem Vergleichbarem u.a. einfach die Wahrnehmung zugrundeliegen, daß eine andere Person sich in einer charakteristisch gleichen Lage wie die eigene befindet (z.B. als Unrechtsopfer); erstrebenswert erscheint diese Lage, was zur hier besprochenen ~ aber unerläßlich wäre, dann keineswegs unbedingt.
     Die ~ ist von allen seelischen »Abwehrmechanismen« erfahrungsgemäß der zerstörerischste, jedenfalls für seine Träger; er zerstört ihre Identität nachhaltiger als jeder andere, da er im Zentrum ansetzt und ohne umfassende Unterhöhlung der Selbstwahrnehmung nicht funktionieren kann. Deshalb ist die ~ sowohl so schwer zu therapieren wie auch nur in tiefster Verzweiflung extremer Schwächesituationen entstehungsfähig; andernfalls sucht das bedrohte Individuum nach alloplastischen Auswegen statt nach dieser wohl radikalsten seelischen Autoplastik. Ist sie jedoch einmal eingetreten, stehen dem weiteren Wuchern zusätzlicher Mechanismen zu Abwehr der Selbstwahrnehmung kaum noch Schranken im Wege.
     Von den speziellen, sehr schwierigen und zeitraubenden psychoanalytischen Eingriffen einmal abgesehen, stehen zur Therapie der ~ hauptsächlich zwei Aktivitäten zur Verfügung: das selbständige, neugier- statt zweckgeleitete Lernen sowie die bewußte Ermittlung der Herkunft »eigener« Meinungen, Gewohnheiten, Wertungen usw., wobei das bewußte Erinnern keineswegs unwesentlich ist. Ebenso ist der Erwerb sprachlicher Festigkeit, besonders die Ausmerzung aller Ehestreitstrukturen, sehr hilfreich. Denn alle diese Aktivitäten stärken das Ich, sowohl gegen Introjekte wie gegen andere deformierende Kräfte. Als Ichdeformation bis -auslöschung ist die ~ wohl das schwerste Hindernis psychoanalytischen Erfolgs; sie ist übrigens nicht mit der Errichtung des Überichs identisch, da dieses stets als Fremdkörper in der Person isolierbar bleibt und dadurch prinzipiell leichter zu bekämpfen ist.


 
 
 

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